Mittwoch, September 28, 2005

Der mex. Minderwertigkeit-Komplex

Im reisebuch.de - Mittel und Südamerika (incl. Mexiko)-Forum lese ich das folgende, geschrieben von einem Gast namens "Tippgeber" (Linienumbrüche z.T. von mir vorgenommen der Übersichtlichkeit halber):
    "Das "Sich nicht gewachsen fühlen", das "Sich kleiner als die anderen fühlen" der Mexikaner ist auf mehrere Ursachen zurückzuführen. Als Nachbar der Vereinigten Staaten immer deren "Grandiosität" und Unerreichbarkeit, deren "Schönheit", Wirtschaftskraft, Stärke etc. vorgeführt zu bekommen, hat natürlich keine guttuenden Wirkungen auf das Ego eines Volkes (Volke im Sinne von Bürger mit mex. Staatsangehörigkeit, da das mexikanisch-indigene Volk als Volk im Volke angesehen werden muss), welchem diese Attribute nicht zugeschrieben werden können. Zudem wurde Mexiko auch noch ein grosser Teil des Landes von den "Gringos" im Krieg geraubt.

    Der Gringo im übrigen ist für alle inneren und äusseren Missstände im Leben eines Latinos verantwortlich. Der Gringo ist daran schuld, dass der Mexikaner arm und er, der Gringo selbst, auf Kosten des Mexikaners, reich ist.
    Überspitzt formuliert: Die Mexikaner sind nur deshalb arm, weil die Gringos reich sind. (Und meine persönliche Meinung: die Mexikaner werden an ihrem eigenen Selbstwertgefühl leiden, solange es "Gringos", also Amerikaner germanischer Abstammung gibt.)-
    [Kleine, eigentlich überflüssige Anmerkung: Nicht jeder Mexikaner ist arm. Es gibt sowohl eine zahlenmässig unbedeutende Mittel- als auch Oberschicht.]

    Ein weiterer Grund ist in der Geschichte, im historischen Ursprung des heutigen Landes zu finden. Bekanntlich sind es Nachfahren der Spanier und Indios. Allerdings wurden die einen vergewaltigt (chingar - das mexikanische Wort schlechthin) und getötet, nämlich die Indios, die anderen, die Spanier vergewaltigten und mordeten. Mit welchem Teil der Geschichte sollte man sich nun identifizieren? Mit dem Vergewaltiger, oder mit dem offensichlich "Schwachen", der sich nicht erwehren kann und "sich vergewaltigen lässt"?
    Erschwerend kommt hinzu, dass es beide, den Spanier, und den Indio noch gibt. Jene zwei Kulturkreise die sich zu der heutigen mexikanischen Gesellschaft vermischten. Eine rassistische Komponente spielt gewiss auch hinein. Es ist nicht der harte Rassismus der Peruaner (das mejorar la raza), bzw. der der andinen Länder, dieser wäre zu verletzend für die Mexikaner, es ist eine "sanftere" Form, wo man verbündend sagt: "Wir sind doch alle Mexikaner". Sich selbstmitleidig gegen die ganze Welt verschwört.

    Man könnte meinen, dass der Minderwertigkeitskomplex eine neuere Erscheinung darstellt (zum Beispiel durch die Bilder im Fernsehen, wie Mexikaner beim versuchten Grenzübertritt zu den Vereinigten Staaten wie Freiwild abgeknallt werden), aber dem ist nicht so. Octavio Paz, mexikanischer Autor, schrieb schon in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts: "Der Mexikaner ist nicht minderwertig. Er fühlt sich minderwertig." (Labyrinth der Einsamkeit; Buch) Natürlich ist man nicht von vornherein als Staatsbürger eines Landes minderwertig, aber Paz lag es wohl am Herzen, dies extra formulieren zu müssen.
    Anzeichen eines Minderwertigkeitskomplexes?"

...da ist was dran. Mal drüber nachdenken.

1 Comments:

Anonymous Anonym said...

Das Zitat „Der Mexikaner ist nicht minderwertig, er fühlt sich minderwertig." stammt nicht von Paz, sondern Samuel Ramos (1897-1959)...

02 Dezember, 2009 07:51  

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