Wie ich Papst Johannes Paul II. kennenlernte
Im September 1987 ging die Jahrgangsstufe 13 des Liebfrauen-Gymnasiums Mülhausen auf Abschlußfahrt; die Mehrheit der künftigen Abiturienten nach Rom. Da unsere Schule vom Orden der Schwestern Unserer Lieben Frau geleitet wurde, der auch ein Haus in Rom und wohl offenbar Beziehungen zum Vatikan hat, wurde für uns die Teilnahme an einer päpstlichen Audienz im Petersdom organisiert.
Am Tag der Audienz nahmen wir, zusammen mit -wie uns schien- tausenden anderen Menschen, Platz in den Bänken des Doms. Der Papst (wir hatten ihn vorher kurzerhand "Kutte" getauft) erschien, alle klatschten artig, und er setzte sich auf seinen Stuhl. Er war so weit weg von uns, dass wir ihn bei ausgestrecktem Arm mit einem Daumenglied abdecken konnten.
Ein Priester stellte sich an's Mikrofon und las eine Liste von Namen vor. Bei jedem Namen erhob der Papst seine Hand zum Segen, aber da niemand sich meldete, halt nur auf's Geratewohl in die Menge.
Uns war schnell klar, dass wir etwas tun mussten, damit der Papst uns richtig begrüßte. Wir beschlossen, laut zu rufen und zu klatschen, wenn unsere Schule genannt wurde.
Die Liste war lang und der Papst sank mit jedem Segen tiefer in seinen Stuhl. Er war wohl kurz davor einzuschlafen, als unser Name fiel.
Wir riefen laut und klatschten, die Leute um uns herum drehten sich verärgert um und zeigten auf uns. Aber man sah richtig, dass der Papst offenbar aufwachte, denn er setzte sich auf, ja, stand fast auf und winkte in unsere Richtung, bevor er den Segen erteilte.
Von diesem Zeitpunkt an rief jede Gruppe, wenn ihr Name fiel, laut und klatschte. Dem Papst gefiel das offenbar, denn er drehte sich immer in die Richtung, aus dem die Geräusche kamen und segnete die Leute.
Naja, seit letzten Samstag segnet er nicht mehr.
Mal sehen, wie der nächste Papst ist.
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